Nachrichten Wiesbaden 28.05.2016, Wiesbadener Kurier
Wiesbaden: Gnadenhof für Tiere im Aukammtal benötigt dringend Geld
Von Nele Leubner
WIESBADEN - Für viele Tiere ist der Gnadenhof im Aukammtal die letzte Rettung vor dem Schlachter. Vier Ziegen, zwei Schafe, mehrere Ponys, vier Hängebauchschweine, Meerschweinchen, Tauben, Hühner, acht Katzen, Hunde – und ein Esel leben derzeit dort und werden von Regina Weber und Angelika Wolfert versorgt. Alles Tiere, die keiner mehr haben möchte.
Von den meisten kennen die Betreiberinnen die Vorgeschichte nicht. Der Ziegenbock "Silvester" heißt so, weil er an diesem Tag gefunden wurde. Der rote Kater "Sam" möchte von jedem Besucher gestreichelt werden. Das Schimmel-Pony "Sarah" war auf jeden Fall ein Zirkustier. "Sie kam total abgemagert zu uns, muss aber sehr schlechte Erfahrungen gemacht haben, sie kann sehr aggressiv werden und hat häufig Angst vor Menschen", erzählt Weber.
Früher waren auch schon zwei Emus auf dem Gnadenhof zu Gast, die das Veterinäramt aus einem Zirkus herausgeholt hat. Die Tauben werden größtenteils verletzt von Bürgern oder Tierärzten aus Wiesbaden abgegeben. "Wir päppeln sie hier dann auf. Das Ziel ist, sobald sie wieder fliegen können, sie wieder zu verabschieden", sagt Wolfert
Esel "Michel" hat schon Arthrose
Vor allem die älteren Tiere aber können meist nicht mehr vom Gnadenhof vermittelt werden. Sie dürfen dann ihren Lebensabend im Aukammtal verbringen. Das kann aber noch ein sehr langer – und kostspieliger – Zeitraum werden. Pony "Merlin" beispielsweise "nimmt alle Krankheiten mit, die es gibt", sagt Weber. Der Schecke "Willie ist bereits 26 Jahre alt – und wie das so ist mit Senioren: Gesundheit kostet. Der mehr als 35 Jahre alte Esel "Michel" hat schon Arthrose – "und jetzt auch noch Probleme mit der Prostata", sagt Weber seufzend. Michel ist mit Abstand der älteste Bewohner auf dem Gnadenhof, er lebt schon seit mehr als 20 Jahren dort. "Das ist unser Maskottchen", erzählt Weber lachend, "viele Patienten der benachbarten Kurkliniken kommen hierher, um ihn zu besuchen." Freundlich leckt der Esel jedem Neuankömmling über die Hand.
18.000 Quadratmeter große Idyll
Schulklassen und Familien mit Kindern kommen gerne zu Besuch in das rund 18.000 Quadratmeter große Idyll. Ein großes Problem seien aber Menschen, die die Tiere willkürlich füttern. "Obwohl wir überall Schilder hängen haben, dass es verboten ist und die Tiere von uns mit allem Nötigen versorgt werden, werfen immer wieder Besucher Brot oder Kohl in die Gehege", erzählt Wolfert. "Wir hatten deshalb in diesem Jahr schon zwei lebensbedrohliche Koliken.“ Vor allem die Tierarztrechnungen und der Hufschmied für die Ponys schlagen in den Unterhaltskosten des Gnadenhofs zu Buche. Zwischen 15.000 und 17.000 Euro müssen für Grundstückspacht, Futter, Stroh und die medizinische Versorgung aufgebracht werden, zählt Weber zusammen. "Wir haben einige Partnerschaften mit großen Zoohandlungen und Futtergeschäften. Und auch die aktuell 75 Fördermitglieder stecken Geld rein. Wir müssen aber dennoch einen Großteil privat finanzieren."
Den Gnadenhof hat vor mehr als 40 Jahren Lydia Weber gegründet, ihre Tochter Angelika Wolfert und die Schwiegertochter Regina Weber betreiben ihn seit ihrem Tod vor zwei Jahren weiter. Aber auch Kinder und Enkelkinder helfen mit, alle wohnen in unmittelbarer Nähe. "Urlaub gibt es nie", sagt Regina Weber, "die Tiere müssen ja versorgt werden".